Offener Brief zum baukulturellen Diskurs über den Domshof
Der am 13.03.2024 im Weser Kurier erschienene Kommentar „Die Stadt, die sich nicht traut“ hat den Kammerpräsidenten Oliver Platz dazu veranlasst, einen offenen Brief an den Senator für Kultur. Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, zu verfassen.
Sehr geehrter Herr Senator für Kultur,
sehr geehrter Herr Bürgermeister und Präsident des Senats,
sehr geehrter Herr Dr. Bovenschulte,
wir, die Architektenkammer Bremen, nehmen den Kommentar des Weser-Kuriers „Die Stadt, die sich nicht traut“ vom (13.03.2024) zum Anlass Ihnen, in Ihrer Eigenschaft als Senator für Kultur die Haltung der Kammer in dieser Angelegenheit zum Ausdruck zu bringen.
In dem Kommentar wird der Landesdenkmalpfleger, Herr Prof. Dr. Skalecki, unangemessen und persönlich angegangen. Dass er in dem Kommentar als „Denkmalschutzbeauftragter mit Hang zum Fundamentalismus“ bezeichnet wird und fachlich begründete Argumente als „wortgewaltige Hintertreibung von Weltklasse Architektur“ beschrieben werden, ist schlicht falsch und diskreditierend. Dieses entspricht nicht dem Anspruch, mit dem wir in Bremen die Fragen des Weiterbauens unserer Stadt behandeln sollten.
Wir stellen nicht den fachlich argumentativen Diskurs in Frage. Die zukünftigen baulichen Veränderungen Bremens und Bremerhavens geben natürlich und gewollt Anlass für öffentliche Debatten, und Baukultur ist hierbei selbstverständlich ein streitbares Feld. Aus Sicht der Architektenkammer ist der fachliche und sachliche Meinungsaustausch ein nötiger und wichtiger Beitrag im Ringen um die bestmögliche Lösung von mitunter widersprüchlichen Interessen. Was wir aber bemerken, sind zunehmend unsachliche Beiträge, die sich vom Objekt der Diskussion lösen und stattdessen Personen angehen. Da gerät etwas aus den Fugen. Es wird immer schwieriger die komplexen und schwierigen Abwägungen im Sinne der Sache zu führen.
In den Abwägungsprozessen kommt dem Landesamt für Denkmalpflege die Aufgabe zu, die historischen Zeugnisse und Zusammenhänge unserer gebauten Umwelt zu kennen und eine mögliche neue Entwicklung in diesen Kontext einzuordnen.
Genau dies tut Herr Prof. Dr. Skalecki. Er ist aufgrund seiner fundierten Fachkenntnis, seines verantwortungsvollen Abwägens sowie seiner Expertise im Erneuern und Fortschreiben einer lebendigen Stadtgeschichte, eine über die Grenzen Bremens hinaus, bundesweit in seiner Fachlichkeit, anerkannte Persönlichkeit. Ein im Jahr 2004 von Prof. Dr. Skalecki selbst verfasster Text stellt die Rolle und Funktion der Denkmalpflege zutreffend dar:
„Sollte es nicht gelingen, mit einer fachlichen Argumentation zu überzeugen, „haben wir entweder etwas falsch gemacht, oder andere Belange sind tatsächlich wichtiger. Auch dies kann zutreffen, denn die Denkmalpflege ist auch nicht allein auf der Welt. Und fallen Entscheidungen gegen sie aus, muss dies nicht grundsätzlich Ergebnis eines Kulturverfalls sein, sondern man muss auch anderen Interessen und Belangen gegenüber Verständnis aufbringen, so wie wir Denkmalpfleger erwarten, dass unsere Vorstellungen ernst genommen werden.“
Eine Stadt wie Bremen, eine Stadt mit Zukunftswillen und Geschichtsverständnis, eine Stadt, die selbstbewusst und unverwechselbar ist und bleiben will, braucht eine starke Landesdenkmalpflege.
Die Architektenkammer Bremen befürchtet, dass im Zuge der oben angesprochenen, teilweise unsachlichen und fachlich falschen Beiträge zur Umgestaltung des Domshofs, die Autorität des Landesdenkmalpflegers Schaden genommen hat.
Wir bitten Sie, sich im Sinne der qualitätsvollen baulichen Weiterentwicklung in Bremen und Bremerhaven, für Herrn Prof. Dr. Skalecki und damit für eine starke und unabhängige Landesdenkmalpflege, einzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Platz
Architekt
Präsident der Architektenkammer der Freien Hansestadt Bremen