Der Bau-Turbo kommt – was das für die Planung und die Verwaltung bedeutet
Mit Beschluss des Bundestags vom 09.10.2025 und des Bundesrats vom 17.10.2025 wird dem Baugesetzbuch ein neuer § 246e hinzugefügt, der es – die Zustimmung der zuständigen Gemeinde vorausgesetzt – erlaubt, von sämtlichen Regelungen des Baugesetzbuchs abzuweichen. Das bedeutet: Geltendes Planungsrecht (v.a. Bebauungspläne) kann unbeachtet bleiben, neue Bebauungspläne sind nicht notwendig, im Innenbereich entfällt jegliche Abwägung zur Fügung des Vorhabens und im Außenbereich kann völlig frei neues Bauland erschlossen werden. Dieser so genannte „Bau-Turbo“ ist auf den Wohnungsbau begrenzt und gilt (zunächst) bis Ende 2030. Bundesbauministerin Hubertz wird in diesem Zusammenhang mit der Formulierung „Brechstange für die Kommunen“ zitiert.
Wird jetzt im Turbo geplant und gebaut?
Eher nicht. Maßnahmen im Rahmen des Bau-Turbo sind dann möglich, „wenn die Abweichung vom BauGB unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist“. Die öffentlichen Belange werden üblicherweise im Rahmen von Bauleitverfahren berücksichtigt. Da ebendieses nunmehr ignoriert werden kann, verbleibt eine wesentliche Verfahrenslast dennoch bestehen: Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrecht, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft oder des Hochwasserschutzes (Aufzählung nicht abschließend) sind „öffentliche Belange“ und bleiben auch in Zeiten des Bau-Turbo relevant, nämlich dann im Bauantragsverfahren. In diesem ist spätestens auch zu prüfen, ob überhaupt die „Zustimmung der Gemeinde“ erteilt werden soll.
Was bedeutet das für Vorhabenträger und Verwaltungen?
Die Übereinstimmung mit den öffentlichen Belangen ist nun voraussichtlich im Rahmen des Bauantragsverfahrens zu prüfen. Die Rechtssicherheit des geltenden Bebauungsplans entfällt – erst im Bauantragsverfahren werden möglicherweise entwurfs- und kostenbestimmende Faktoren für das Projekt geprüft. Was das für die Finanzierung von neuen (Groß)Projekten im Bau-Turbo bedeutet, ist völlig unabsehbar. Fest steht aber: Sollte der Bau-Turbo zur Anwendung kommen, dann sind vermutlich die unteren Bauaufsichten in besonderem Maße gefragt, die Rechtmäßigkeit von Bauvorhaben noch breiter zu prüfen als im Rahmen eines Bebauungsplans. Eine wesentliche Beschleunigung ist an dieser Stelle nicht ablesbar, ganz im Gegenteil: Der Turbo hat schon beim Start Sand im Getriebe. Fraglich ist auch, welches Regelungsregime auf Quartiere anzuwenden ist, die zwar innerhalb der Frist des Bau-Turbo begonnen wurden, aber bis Ende 2030 nicht fertiggestellt oder fertig geplant sind – eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit ist zu befürchten. Übrigens…
Der Bau-Turbo wurde vorab mehrfach und deutlich von der Bundesarchitektenkammer und anderen Institutionen kritisiert, vgl. etwa hier